Interview

Pflegefachliche Schmerztherapie in der Neurologie der Kliniken im Theodor-Wenzel-Werk

Ein Interview mit Sascha Bülow, Algesiologische Fachassistenz, bzw. Pain Nurse und stellvertretende pflegerische Leitung der Neurologischen Station in den Kliniken im Theodor-Wenzel-Werk (TWW)

01.06.2021 | Interview
Portrait von Sascha Bülow

Einer der Behandlungsschwerpunkte der Neurologie in den Kliniken im TWW ist die Therapie von chronischen Schmerz-Patient*innen. Was unterscheidet hier die Klinik von anderen Häusern?

Sascha Bülow: Es sind verschiedene Dinge, die den Unterschied ausmachen. Einerseits spielt sicherlich die ruhige Lage und das zum Entspannen einladende Gelände eine Rolle. Andererseits finden viele von Schmerzen Betroffene bei uns ein offenes und professionelles Ohr für ihre Situation. Es sind oft Menschen mit einem längeren Leidensweg, die viel Frustration erleben mussten. Chronische Schmerzen bestimmen meistens den gesamten Alltag und haben früher oder später Einfluss auf die psychische Situation der Betroffenen. Auch hier machen wir aufgrund der Nähe und engen Zusammenarbeit mit den Bereichen Psychiatrie und Psychosomatik einen Unterschied zu anderen Kliniken.

 

Warum nimmt nicht nur die ärztlich-therapeutische Behandlung bei Schmerz-Patient*innen eine wichtige Rolle ein, sondern auch die Pflege – immerhin gibt es die Spezialisierung zur Algesiologischen Fachassistenz, bzw. Pain Nurse?

Sascha Bülow: Die pflege-therapeutische Behandlung ist geprägt durch die ständige Begleitung der Betroffenen durch den gesamten Aufenthalt. Hier geht es primär darum, die Betroffenen dabei zu unterstützen, ihre individuelle Schmerzstabilität zu erreichen, damit sie in der Lage sind, wieder am Alltagsleben teilzunehmen und der Schmerz in den Hintergrund tritt. Dies erreichen die Pflegefachkräfte durch Anwendung von nicht-medikamentösen Verfahren (z. B. thermische Anwendungen oder Aromapflege), Krisenintervention bei Durchbruchschmerzen und Aufklärung bzgl. Entspannungsverfahren oder schmerzvermeidenden Bewegungsabläufe. Aber auch die Beratung zum Übergang in die ambulante Situation ist ein wichtiges Aufgabenfeld der Pflegefachkräfte.

 

Wie unterstützt die Fachpflege bei der Behandlung und Therapie von Schmerz-Patient*innen und wo liegen die besonderen Herausforderungen?

Sascha Bülow: Wie eben aufgezählt begleiten die Pflegefachkräfte den gesamten Therapieprozess. Die besonderen Herausforderungen liegen in der Komplexität von Schmerzen. Häufig treten neben vorhandenen chronischen auch akute Schmerzen auf. Dies differenziert zu betrachten und dementsprechend unterschiedlich zu handeln, ist meines Erachtens die primäre Aufgabe. Hier kommen dann auch spezialisierte Pflegefachkräfte mit in die pflege-therapeutische Behandlung. Sie beraten und schulen die Kolleg*innen im Umgang mit komplexen Schmerzsituationen.

 

Sascha, seit wann arbeitest du als Algesiologische Fachassistenz und was hat dich dazu bewogen, diese Spezialisierung einzuschlagen?

Sascha Bülow: Ich habe 2008 die Zusatzqualifikation „Algesiologische Fachassistenz“ erworben und mit einem ehemaligen Kollegen das Konzept der pflegerischen Schmerztherapie in der Neurologie aufgebaut. Dabei haben wir uns am pflegerischen Expertenstandard orientiert. 2014 habe ich dann an der Wannsee-Akademie die Ausbildung zur „Pain Nurse“ gemacht. Am Anfang der Überlegung diesen Weg der pflegerischen Spezialisierung zu gehen, stand sicherlich die Neugier diesen für mich unbekannten Bereich zu entdecken.

Chronische Schmerzen sind nicht einfach „nur“ mit Medikamenten zu behandeln. Es ist vielmehr eine ganzheitliche Behandlung notwendig.

Schnell merkte ich eine Affinität zu der Behandlung von chronischen Schmerzen. Dies liegt sicherlich auch an meiner Zeit in der psychiatrischen Pflege. Chronische Schmerzen sind nicht einfach „nur“ mit Medikamenten zu behandeln. Es ist vielmehr eine ganzheitliche Behandlung notwendig, um eine stabile Schmerzsituation zu erreichen. Hier können wir pflegetherapeutisch entscheidend mitwirken und unsere vielfältigen pflegerischen Kompetenzen nutzen.

Lieber Sascha, herzlichen Dank für das Interview und viel Erfolg bei allen weiteren Projekten!