Interview

„Als Klinikdirektorium verwalten wir nicht, sondern gestalten die Klinik aus drei verschiedenen Sichtweisen heraus.“

Ein Interview mit der Klinikdirektion über deren Aufgabenbereiche und Struktur, aktuelle Herausforderungen und der Freude an einer Weiterentwicklung.

18.10.2022 | Interview
Portraits des Klinikdirektoriums
v.l.n.r.: Lydia Wolff, Dr. Lieselotte Mahler, Michael Mattes

Das Gremium der Klinikdirektion befindet sich in einem umfangreichen Veränderungsprozess, denn personell gab es in den letzten zwei Jahren eine Reihe von Neuerungen: Dr. Lieselotte Mahler wurde nach dem Renteneinstieg von Dr. Christian Thiele zur neuen Ärztlichen Direktorin ernannt, Lydia Wolff übernahm die Position der Kaufmännischen Direktorin und Michael Mattes hat mit Nancy Mann in der Pflegedirektion eine neue Stellvertretung bekommen.

THEO: Frau Wolff, Frau Dr. Mahler, Herr Mattes – da ist eine Menge Bewegung drin. Was bedeutet das für die Arbeit des Klinikdirektoriums? Befinden Sie sich noch in einer Art Findungsprozess?

Lydia Wolff: Ich bin ja der jüngste Neuzugang in unserem Team und erst seit März dabei, aber ich glaube, wir haben uns in der neuen Besetzung bereits gut zusammengefunden.

Michael Mattes: Ja, wir sind schon mitten in der Arbeit. Parallel haben wir mit der Unterstützung eines Coaches unsere Aufgaben neu definiert und insgesamt auch erweitert.

Dr. Lieselotte Mahler: Die Findungsphase lief auch deshalb so gut, weil wir uns als Team super ergänzen. Dennoch war es wichtig, die Aufgaben des Klinikdirektoriums nochmal genauer anzusehen und gute Strukturen zu finden, in denen die Leitung der Klinik gelingen kann.

 

THEO: Können Sie uns bitte kurz umschreiben, wie Sie sich die Zuständigkeiten innerhalb des Direktoriums aufteilen?

Lydia Wolff: Insgesamt hat das Klinikdirektorium sehr viele Aufgaben. Das ist ja auch naheliegend, da alle Abläufe, die mit der Leitung der Klinik zusammenhängen, von uns gesteuert werden müssen.

Michael Mattes: Deshalb gibt es einige Aufgaben, die wir gemeinsam erfüllen, und andere Aufgaben, die jede:r von uns entsprechend ihrer:seiner fachlichen Expertise einzeln ausübt.

 

THEO: Welche Aufgaben übernehmen Sie gemeinsam?
Lydia Wolff: Gemeinsam bestimmen wir über Grundsatzfragen der Organisation der Klinik. Das beinhaltet z. B. den Erlass von hausinternen Verfahrensanweisungen und der Hausordnung wie auch die jährliche Budgetplanung, die Überwachung und Umsetzung von aufsichtsbehördliche Anordnungen oder aber die Entscheidung über Maßnahmen aus Audits von Qualitätsmanagement, Datenschutz und Informationssicherheit sowie Mitarbeitendenbefragungen.

Dr. Lieselotte Mahler: Wir sind aber insbesondere auch für die Weiterentwicklung und Reorganisation der Klinik zuständig. Wir entwickeln also strategische Ziele in Abstimmung mit der Geschäftsführung und innerhalb des wirtschaftlichen Rahmens, planen Maßnahmen zu deren Umsetzung und steuern die Durchführung. Darüber hinaus sind wir für die Repräsentation der Klinik nach innen und außen in Abstimmung mit der Geschäftsleitung zuständig.

Michael Mattes: Im Bedarfsfall sind wir zudem alle drei Ansprechpartner:innen der Mitarbeitervertretung und gemeinsam in der Pflicht über eine zeitnahe Unterrichtung des Geschäftsführers über alle Angelegenheiten, die arbeitsrechtlich, betriebsintern oder außerbetrieblich besondere oder grundsätzliche Bedeutung erlangen können.

 

THEO: Das allein sind schon viele Zuständigkeits- und Entscheidungsbereiche. Welche Zuständigkeiten hat daneben die Kaufmännische Direktion außerhalb des Klinikdirektoriums?

Lydia Wolff: Als Kaufmännische Direktorin obliegt mir die wirtschaftliche Verantwortung für die Klinik durch die Erstellung des Wirtschafts- und Investitionsplans der Klinik, die Erarbeitung und Überwachung von internen Abteilungsbudgets anhand des genehmigten Wirtschaftsplans und die Veranlassung von Gegensteuerungsmaßnahmen bei einer Überschreitung des Budgetrahmens. Ich bereite die Budgetverhandlungen mit vor und begleite diese.
Außerdem vertrete ich die Klinik in Abstimmung mit der Geschäftsleitung hinsichtlich wirtschaftlicher und sonstiger Belange gegenüber Behörden, Verbänden, Arbeitsgemeinschaften und sonstigen Institutionen. Auch die Entscheidungen in Personalangelegenheiten, wie Personalauswahl und Personalplanung gehören in enger Abstimmung mit dem Personalmanagement in den Aufgabenbereich der Kaufmännischen Direktion.

Dr. Lieselotte Mahler: Nicht zu vergessen, dass du auch für die Führung und Koordination der  Abteilungen und Bereiche, die dir zugeordnet sind, zuständig bist.

 

THEO: Herr Mattes, die Berufsgruppe der Pflegenden ist die größte im Haus. Welche Zuständigkeiten hat die Pflegedirektion außerhalb des Klinikdirektoriums inne?

Michael Mattes: Wie man sich schon denken kann, übernimmt die Pflegedirektion die Leitung und Koordination der Gesamtheit des pflegerischen Dienstes der Kliniken, einschließlich des Erstellens von Stellen-, Dienst- und Urlaubsplänen. Wir haben die Fachaufsicht über den Pflegedienst und sind verantwortlich für die Wahrung der gesetzlichen Verpflichtungen im pflegerischen Bereich. Damit gehören auch die Sicherstellung und Überwachung der Pflegequalität sowie die Sicherung der pflegerischen Dokumentation zu unseren Aufgaben.

Ein großer Bereich ist außerdem die Weiterentwicklung der pflegerischen Arbeit. Medizin, Technik und Pflege sind sich ständig entwickelnde Fachbereiche und selbstverständlich möchten wir unsere Arbeit immer am aktuellsten Standard orientieren. Das hängt eng mit der Personalentwicklung zusammen, da uns natürlich besonders wichtig ist, unseren Mitarbeitenden Möglichkeiten zur Weiterentwicklung in unserem Haus zu bieten, was letztlich auch wesentlich zur Qualität der Patient:innen-Versorgung beiträgt. Hier arbeiten wir eng mit der Personalabteilung zusammen.

Medizin, Technik und Pflege sind sich ständig entwickelnde Fachbereiche und selbstverständlich möchten wir unsere Arbeit immer am aktuellsten Standard orientieren.

Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere, organisatorische Aufgaben, wie z.B. die Beteiligung und Organisation der praktischen Ausbildung von Schülerinnen und Schülern der Krankenpflege und Krankenpflegehilfe in Kooperation mit Pflegeschulen, die Zusammenarbeit mit den gemeindepsychiatrischen Arbeitsverbänden und letztlich auch die Aufrechterhaltung und Verbesserung der Krankenhaushygiene in der Klinik im Zusammenwirken mit der Hygienekommission.

 

THEO: Frau Dr. Mahler, wir haben einen Einblick in die umfangreichen Aufgaben und Verantwortungsbereiche von Frau Wolff und Herrn Mattes sowie Frau Mann erhalten. Bitte geben Sie uns doch auch noch einen Überblick über Ihre Zuständigkeiten als Ärztliche Direktorin.

Dr. Lieselotte Mahler: Als Ärztliche Direktorin vertrete ich die Klinik in medizinischen Belangen. Damit obliegt mir die Fachaufsicht über den ärztlichen Dienst, aber auch  über die Mitarbeitenden aller anderen medizinischer Berufe, wie den Psychologischen Psychotherapeut:innen, den Ergo-, Physikalischen und Spezialtherapeut:innen.

Michael Mattes: Nur der Pflegedienst wird eben von der Pflegedirektion geleitet.

Dr. Lieselotte Mahler: Genau. Aber ich verfolge natürlich dieselben Ziele wie die PDL im Hinblick auf Mitarbeitendenentwicklung und Versorgungsqualität. Im Zuge dessen bin ich auch verantwortlich für die Koordination und Sicherstellung der Aus- und Weiterbildung der Ärzt:innen und der anderen Fachberufe des Gesundheitswesens.

Darüber hinaus habe ich zahlreiche organisatorische Aufgaben, die den medizinischen Bereich betreffen, z.B. die Überwachung der Durchführung aufsichtsbehördlicher Anordnungen im medizinischen Bereich und die Wahrung der gesetzlichen Verpflichtungen, die Sicherung der ärztlichen und therapeutischen Dokumentation sowie die Bescheidung von Beschwerden über die ärztliche und therapeutische Behandlung fallen auch in meinen Aufgabenbereich. Als Ärztliche Direktorin führe ich den Vorsitz der Arzneimittelkommission und auch der Hygienekommission.

Und letztlich nimmt die Förderung des Zusammenwirkens von Krankenhausärzt:innen und niedergelassenen Ärzt:innen, mit anderen Krankenhäusern, mit den übrigen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens und mit den gemeindepsychiatrischen Arbeitsverbänden einen ganz wichtigen Stellenwert ein.

 

THEO: Vielen Dank für diesen sehr umfassenden Einblick. Es lässt sich erahnen, wie viel Arbeit in den einzelnen Positionen, aber auch im Klinikdirektorium insgesamt steckt.

In den letzten Jahren sind aus unserer Sicht meist die einzelnen Positionen und Verantwortungsbereiche der Kaufmännischen Leitung, des Ärztlichen Direktoriums und der Pflegedienstleitung wahrgenommen worden, weniger jedoch das Direktorium als ein Gremium. Wie wird sich das zukünftig gestalten?

Lydia Wolff: Wir verstehen uns im Klinikdirektorium als Leitungsteam, das sich durch drei sehr verschiedene Sichtweisen mit den jeweiligen Expertisen bereichern und ergänzen kann. Es ist uns daher besonders wichtig, die Rolle des Klinikdirektoriums als gemeinsames Gremium zu stärken.

Michael Mattes: Daher treffen wir Entscheidungen grundsätzlich gemeinsam und besprechen Probleme im Team. Auch wenn unsere Verantwortungs- und Aufgabenbereiche zum Teil unterschiedlich sind, tragen wir die Verantwortung auf allen Schultern und unterstützen uns gegenseitig.

Dr. Lieselotte Mahler: Wir sehen das als große Chance, so zusammen zu arbeiten. Als Klinikdirektorium verwalten wir nicht, sondern gestalten die Klinik aus drei verschiedenen Sichtweisen heraus.

 

THEO: Welche Aufgaben stehen aktuell im Fokus des Direktoriums und an welcher Stelle besteht besonderer Handlungsbedarf?

Dr. Lieselotte Mahler: Leider sind wir in den Kliniken im TWW aktuell – wie die meisten Kliniken – mit sehr grundsätzlichen Herausforderungen der Gesundheitsversorgung konfrontiert, für die wir versuchen, individuelle Lösungen zu finden – solange es keine politischen Lösungen gibt.

Die allgemeine Lage der Finanzierung des Gesundheitssystems und der enorme Mangel an Fachpersonal machen uns große Sorgen. Wir müssen als Arbeitgeber attraktiv sein und vielfältige und moderne Behandlungsmethoden anbieten, müssen gleichzeitig aber auch wirtschaftlich denken.

Lydia Wolff: Dazu kommen Preissteigerungen in allen Bereichen, die PPP-RL und PP-UG sowie die Digitalisierung und Ambulantisierung.

Dr. Lieselotte Mahler: Das fühlt sich manchmal an wie David gegen Goliath, aber bekanntlich hat ja auch in dieser Geschichte unerwartet der kleinere Gegner gewonnen.

Michael Mattes: Wir sind also weiter zuversichtlich!

 

THEO: Das Gesundheitswesen steht vor vielen Herausforderungen, personell und wirtschaftlich stehen viele Krankenhäuser nach mehr als zwei Jahren Pandemie schlechter da und viele Kliniken rechnen mit Sanktionen wegen Vorgaben, die aufgrund des anhaltenden Personalmangels nicht zu erfüllen sind. Dann sind da noch die enormen, inflationsbedingten Preissteigerungen bei gleichzeitigem Investitionsstau und und und…die Liste ließe sich noch weiter führen. Bleibt da eigentlich noch Raum und Freude an Visionen, wie sich die Klinik weiterentwickeln könnte?

Michael Mattes: Tatsächlich ist es so, dass der operative Alltag auf allen Hierarchieebenen zunehmend Raum einnimmt und manche gesellschaftspolitischen Entwicklungen frustrierend sind. Wir bleiben dennoch zuversichtlich, weil wir auch sehen, wie viel wir hier in den letzten Jahren aufbauen und verwirklichen konnten. Visionen, Planungen und Neuerungen sind für uns alle sehr spannend und motivierend. Gerade in besonders herausfordernden Situationen haben wir gemerkt, dass wir im Einzelnen doch einiges bewirken können.

Dr. Lieselotte Mahler: Die Ersthilfe für Geflüchtete haben wir zum Beispiel sehr kurzfristig entwickelt und in kürzester Zeit umsetzen können.

Michael Mattes: Richtig. Auch der Problematik fehlenden Fachpersonals, von Krankheitsausfällen und schlecht besetzten Diensten können wir mit dem neu etablierten Flexpool, der Einspringerzulage und dem Nachtdienstspringerpool besser begegnen.

Auch der Problematik fehlenden Fachpersonals, von Krankheitsausfällen und schlecht besetzten Diensten können wir mit dem neu etablierten Flexpool, der Einspringerzulage und dem Nachtdienstspringerpool besser begegnen.

Lieselotte Mahler: Darüber hinaus sehen wir bei Fachveranstaltungen wie dem in diesem Jahr von uns mitveranstalteten Praxisforum Akutpsychiatrie oder auch unseren regelmäßigen internen Fortbildungen wie viel Begeisterung, Kompetenz und Engagement die Kolleg:innen mitbringen. Auch das Weddinger Modell konnten wir in der Psychiatrie zu großen Teilen bereits umsetzen – trotz Pandemie und hoher Alltagsbelastung. Wir haben hier wirklich hochqualifizierte Kolleg:innen, die wir trotz anhaltendem Fachkräftemangel gewinnen und halten konnten.

Deshalb haben wir auch weiterhin neue Projekte und Visionen in Arbeit: Beispielsweise das Gerontopsychiatrische Zentrum oder Kooperationen mit anderen Krankenhäusern, auf die wir uns freuen und mit denen wir die Klinik insbesondere auch für unsere Mitarbeitenden und natürlich unsere Patient:innen noch attraktiver machen wollen.

Lydia Wolff: Uns ist es wichtig, den Fokus zu halten und die Ziele nicht aus den Augen zu verlieren.

 

THEO: Das Klinikdirektorium ist nun fast ein halbes Jahr in neuer Formation tätig  – gibt es bereits ein erstes Resümee?

Michael Mattes: Ich bin ja als Einziger hier schon sehr lange dabei und sozusagen der alte Hase in unserem Team. Umso mehr freue ich mich, dass die neue Zusammensetzung so viel frischen Wind gebracht hat und wir uns als Klinikdirektorium nochmal ganz neu entwickeln.

Dr. Lieselotte Mahler: Ich denke auch, wir passen als Team wirklich gut zusammen. Wir sind in dieser noch recht kurzen Zeit wirklich vielen Herausforderungen begegnet, aber wir stellen uns diesen gemeinsam und haben hoffentlich jetzt schon bewiesen, dass wir in Krisen recht sattelfest sind.

Lydia Wolff: Das sind wir auf jeden Fall! Und außerdem voller Tatendrang. Wir fühlen uns gut aufgestellt, die Klinik in den schwierigen Zeiten in der Qualität und den Alleinstellungsmerkmalen weiter zu führen und zu entwickeln.

 

THEO: Frau Wolff, Frau Dr. Mahler, Herr Mattes, ganz herzlichen Dank für diesen umfangreichen Einblick in die Arbeit und Funktion des Klinikdirektoriums!