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Was lange fehlte, ist jetzt da, bleibt und wirkt

Rückblick auf den 2. Berliner Peer-Fachtag im TWW

Am 31. März 2025 war es soweit: Der 2. Berliner Peer-Fachtag fand in den Kliniken im Theodor-Wenzel-Werk (TWW) statt – und wir freuen uns sehr, dass wir in diesem Jahr die gastgebende Einrichtung sein durften. Nachdem das Alexianer St. Hedwig-Krankenhaus bereits 2024 den Auftakt gemacht hat, durften wir diesmal über 70 Teilnehmende begrüßen – darunter 55 Gäste aus anderen Einrichtungen und Häusern.

08.04.2025 | Veranstaltung

Das große Interesse hat uns überwältigt – und bestärkt uns in dem, was wir tun: Die Genesungsbegleitung weiter auszubauen, sichtbar zu machen und als festen Bestandteil psychiatrischer Versorgung zu etablieren.

Strukturell verankert, fachlich anerkannt

Genesungsbegleitung bedeutet: Menschen mit eigener psychischer Krisenerfahrung arbeiten professionell im psychiatrischen Setting, um andere in ihrem Genesungsprozess zu unterstützen. Dabei bringen sie nicht nur persönliches Erfahrungswissen ein, sondern gestalten als gleichberechtigter Teil multiprofessioneller Teams das therapeutische Angebot aktiv mit.

Dass Genesungsbegleitung als eigenständige Berufsgruppe strukturell verankert ist, ist im deutschsprachigen Raum nach wie vor noch selten – im TWW aber bereits Realität. Seit Januar 2023 gibt es eine eigene Abteilung, in der aktuell 13 Personen auf knapp 10 Vollkraftstellen tätig sind. Mit der Einführung einer Tandem-Abteilungsleitung, bestehend aus Genesungsbegleiterin Anke Frey und Psychologin Sandra Kieser, wurde ein weiterer Meilenstein erreicht. Begleitet wird der Prozess von Chefärztin Dr. Lieselotte Mahler, die das Weddinger Modell entwickelt hat und im TWW umsetzt.

Die Wurzeln der Genesungsbegleitung liegen in der europaweiten EX-IN-Bewegung, die Menschen mit psychischer Krisenerfahrung gezielt in die Versorgung einbindet – jenseits von Diagnosen und klassischen Therapieansätzen.

Ein Tag für Austausch, Anerkennung – und Aufbruch

Der Peer-Fachtag bot Raum für echte Begegnung, neue Perspektiven und praxisnahe Impulse. In fünf parallelen Workshops und einem inspirierenden Gastvortrag von Cordt Winkler, der sein trialogisches Festival „glad to be mäd“ vorstellte, wurde deutlich, wie vielfältig und kraftvoll das Potenzial der Genesungsbegleitung ist.

Im Mittelpunkt standen die Herausforderungen und Rahmenbedingungen, aber auch kreative Ideen, gelungene Projekte und Erfahrungen aus der Praxis. Neben fachlichem Input war besonders spürbar, wie viel gegenseitige Stärkung und kollektives Selbstbewusstsein in dieser noch jungen Berufsgruppe steckt.

Ein junger Beruf mit starker Stimme – auch im TWW

Die Entwicklung der Genesungsbegleitung im TWW ist dynamisch und zukunftsorientiert. Innerhalb kurzer Zeit wurden klare Prozesse definiert, Zuständigkeiten verankert und interne Standards entwickelt. Die Genesungsbegleitenden arbeiten flexibel, eigenverantwortlich und orientiert an den Bedürfnissen der Patient:innen – immer in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Professionen.

Dabei geht es auch um Empowerment: für Patient:innen, für Teams – und für die Berufsgruppe selbst. Genau das spiegelte auch der Austausch mit den Kolleg:innen von expeerienced.de wider, die nicht nur beim Fachtag mit dabei waren, sondern sich seit Jahren bundesweit in Projekten und Gremien für die Sichtbarkeit, Vernetzung und Professionalisierung von Genesungsbegleitung einsetzen.

Rückblick mit Stolz – Ausblick mit Rückenwind

Der 2. Berliner Peer-Fachtag war für uns im TWW ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Psychiatrie, die Erfahrung nicht nur mitdenkt, sondern ihr Raum gibt. Eine Teilnehmerin brachte es sinngemäß auf den Punkt:

„Wir können wirklich stolz darauf sein, was wir als Peers schon alles in den letzten Jahren erreicht haben.“

Diese Haltung war während des gesamten Tages spürbar – und sie trägt weiter. Denn Genesungsbegleitung ist kein „Zusatz“ – sie ist ein wesentlicher Bestandteil einer menschlichen, wirksamen Psychiatrie.

Die Resonanz war überwältigend – ein starkes Zeichen für die Relevanz und das wachsende Selbstverständnis der Genesungsbegleitung als eigenständige, professionelle Säule psychiatrischer Versorgung.

Vielen Dank an alle Beteiligten und Teilnehmende, die den Tag zu etwas supeer Besonderem gemacht haben 😉

Und wer wissen möchte, wie man selbst Genesungsbegleiter:in wird, kann im Interview mit Anke Frey nachhören, wie Ausbildung, Einsatzfelder und Zusammenarbeit im Klinikalltag aussehen.

Noch mehr Einblicke in die Praxis? In unserem Podcast „Diagnose: Kopfsache?“ spricht Henriette Peer über ihren Weg von der eigenen Erkrankung zur professionellen Begleiterin – und darüber, wie Genesungsbegleitung auf Augenhöhe wirkt.